Ohne Waffe in den Krieg – Die beeindruckende Geschichte von Desmond Doss

Wer war Desmond Doss?

Desmond Doss hätte im Jahr 1942 seinen Einzug in die US-Armee verweigern können. Als überzeugter Siebenten-Tags-Adventist folgte er den strikten Glaubensgrundsätzen seiner Religion, darunter auch dem Gebot „Du sollst nicht töten“. Dennoch war es sein Wunsch, seinem Land in Zeiten des Zweiten Weltkriegs zu dienen – jedoch auf eine ganz besondere Weise: ohne eine Waffe in die Hand zu nehmen. Statt als Soldat zu kämpfen, wollte er als Sanitäter Leben retten.

Bereits während der Grundausbildung wurde Doss mit massiven Anfeindungen konfrontiert. Seine Kameraden sahen in ihm keinen vollwertigen Soldaten, verhöhnten ihn und drangsalierten ihn. Einige forderten gar, er solle die Armee freiwillig verlassen. Doch Doss ließ sich nicht beirren und hielt an seinem Glauben und seiner Überzeugung fest. Sein Entschluss, als Sanitäter an die Front zu gehen, wurde für viele Kameraden erst dann nachvollziehbar, als er in der Schlacht um Okinawa 1945 zur Legende wurde.

Während der erbitterten Kämpfe auf der berüchtigten Steilwand „Hacksaw Ridge“ riskiert Doss Tag für Tag sein Leben, um seine verwundeten Kameraden zu retten. Ohne Waffe, nur mit einem Erste-Hilfe-Koffer und seinem unerschütterlichen Glauben, robbt und schleicht er sich durch das umkämpfte Gebiet und trägt Verwundete in Sicherheit. Über 75 Soldaten verdanken ihm ihr Leben – und das unter extremsten Bedingungen, unter Dauerbeschuss und mit dem ständigen Risiko, selbst getötet zu werden. Seine unermüdliche Hingabe und sein Mut brachten ihm höchste Anerkennung ein.

„Du sollst nicht töten“

Doss wurde 1919 in Lynchburg, Virginia, in eine gläubige Familie hineingeboren. Schon früh entwickelte er eine tiefe spirituelle Überzeugung, die ihn zeitlebens begleiten sollte. Besonders das sechste Gebot „Du sollst nicht töten“ prägte ihn. Während viele junge Männer seiner Generation zur Waffe griffen, war Doss entschlossen, seinen Beitrag auf andere Weise zu leisten. Seine Entscheidung, sich freiwillig zur Armee zu melden, stieß auf Unverständnis – sowohl in seiner religiösen Gemeinschaft als auch innerhalb der militärischen Strukturen. Doch er hielt unbeirrt an seinem Ziel fest.

Die Ausbildung in der Armee erwies sich als wahre Herausforderung. Seine Vorgesetzten und Kameraden hielten ihn für feige, weil er sich weigerte, eine Waffe zu tragen oder an Schießübungen teilzunehmen. Einige versuchten sogar, ihn durch Drangsalierungen und Drohungen zum Rücktritt zu bewegen. Doch Doss blieb standhaft. Seine Beharrlichkeit zahlte sich aus, als er schließlich als Sanitäter in den Pazifikkrieg geschickt wurde.

Die Schlacht um Okinawa gilt als eine der blutigsten Schlachten des Zweiten Weltkriegs. Das Terrain war unwegsam, die japanischen Streitkräfte gut verschanzt und die Kämpfe unerbittlich. Die US-Truppen mussten die steile Klippe „Hacksaw Ridge“ erklimmen, nur um sich dort einem Hagel von Maschinengewehrfeuer und Granaten auszusetzen. Während dieser chaotischen und brutalen Kämpfe erwies sich Doss als wahres Wunder. Anstatt sich in Sicherheit zu bringen, bewegte er sich unermüdlich durch das Schlachtfeld, um Verwundete zu retten. Oft blieb er zurück, nachdem seine Einheit sich zurückgezogen hatte, und schleppte oder trug Soldaten in Sicherheit.

Besonders bemerkenswert war sein Einsatz am 5. Mai 1945. Während eines besonders heftigen Angriffs verweilte Doss stundenlang auf der Klippe und rettete einen Soldaten nach dem anderen. Ohne jeglichen Schutz vor feindlichem Feuer band er Wunden, schleppte Verwundete an den Rand der Klippe und seilte sie mit improvisierten Knoten ab. Seine ständige Bitte an Gott lautete: „Lass mich noch einen mehr retten.“ Dieser außergewöhnliche Einsatz brachte ihm nicht nur die Bewunderung seiner Kameraden ein, sondern auch höchste militärische Ehren.

Die Medal of Honor und Inspiration für Generationen

Für seine außergewöhnlichen Taten wurde Desmond Doss als erster Kriegsdienstverweigerer in der Geschichte der USA mit der höchsten militärischen Auszeichnung des Landes geehrt – der Medal of Honor. Präsident Harry S. Truman überreichte ihm die Medaille persönlich und würdigte seinen unerschütterlichen Heldenmut. Neben der Medal of Honor erhielt er auch das Bronze Star Medal und das Purple Heart für seine Tapferkeit im Einsatz.

Nach dem Krieg kehrte Doss in die Vereinigten Staaten zurück und lebte ein bescheidenes Leben. Die physischen und psychischen Narben des Krieges begleiteten ihn jedoch sein Leben lang. Aufgrund der Verletzungen, die er während seines Einsatzes erlitten hatte, konnte er nie wieder voll arbeiten. Dennoch setzte er sich weiterhin für seine Überzeugungen und seinen Glauben ein. Er lebte zurückgezogen mit seiner Familie und hielt gelegentlich Vorträge über seine Erfahrungen.

Seine Geschichte wurde 2016 durch den Film Hacksaw Ridge – Die Entscheidung eindrucksvoll verfilmt. Regisseur Mel Gibson setzte ihm mit diesem Oscar-prämierten Werk ein filmisches Denkmal. Der Film brachte die außergewöhnliche Geschichte von Desmond Doss einem breiten Publikum näher und zeigte, dass wahrer Mut nicht immer aus dem Tragen einer Waffe besteht.

Desmond Doss, geboren 1919 in Lynchburg, Virginia, verstarb im Jahr 2006 im Alter von 87 Jahren. Seine Geschichte inspiriert bis heute Menschen weltweit. Sein Vermächtnis lebt weiter als ein Symbol für Mut, Überzeugungskraft und den bedingungslosen Einsatz für andere – selbst in den dunkelsten Zeiten der Menschheitsgeschichte.

Möge er in Frieden ruhen.

Desmond Doss
Desmond Doss