Dysphagie, mehr als nur eine Schluckstörung?

Das Wort Dysphagie ist im Regelfall allen Pflegekräften bekannt, da es vor allem bei älteren Menschen eine regelmäßige Diagnose darstellt. Dabei ist die Diagnose sehr weitläufig ausgelegt und gibt im ersten Moment keine direkte Ursachenangabe, welche eigentlich für das Verfahren der pflegerischen Handlungen interessant wäre. Auch die Definition ist nicht so einheitlich, die am häufigsten vertretende ist „eine Störung des Schluckaktes“, eher seltener findet sich weiter „von verschiedener Ausprägung“ oder „verschiedener Phasen“.

Wir versuchen ein wenig, das Ganze mal ein wenig aufzuteilen, um es verständlicher zu gestalten. Eine Dysphagie beschreibt eine „schmerzlose“ Schwierigkeit in einzelnen oder allen Phasen des Schluckaktes mit der Störung über den Mund aufgenommenes in den Magen weiterzubefördern.
Diese Störung wird in verschiedene Stufen eingeteilt und kann mit Komplikationen einhergehen.
Wichtig ist, dass dies schmerzlos verläuft, mit Schmerzen verbunden wird, dies als „Odynophagie“ bezeichnet.
Der Schluckakt verläuft über eine Zungenbewegung in den Rachenraum und dem Verschluss des Epiglottis welcher die Luftföhre schütz. Vom Rachen aus wird die Nahrung durch rhythmische Muskelbewegungen Richtung Magen befördert.
Die häufigsten Gründe für eine Schluckstörung sind:
– ALS
– Demenz
– Multiple Sklerose
– Schädel-Hirn-Traumata
– Schlaganfall
– Parkinson
– Dystrophie der Muskulatur
– Infektionen
– Tumore
– Fehlbildungen
– Psychosomatische Ursachen
– Fehlender Speichelfluss.

Dysphagie Einteilungen in Stufen

Die Ausprägung der Dysphagie wird in vier Stufen eingeteilt:

Stufe 4

keine bis sehr leichte Schluckstörungen

Kann gewohnt essen

Stufe 3

Leichte Dysphagie

Primär weiche oder pürierte Kost

Schluckweise trinken

Andicken von Getränken kann notwendig sein

Stufe 2

Mittlere Schluckstörung mit Aspirationsgefahr

Primär pürierte oder passierte Kost

Andicken von Getränken notwendig

Trink oder Sondennahrung kann notwendig sein

Stufe 1

Schwere Dysphagie mit hohem Aspirationsrisiko: orale Ernährung unmöglich

Ernährung über Naso-Gastrale-Sonde oder PEG

Pflege und Schlucktraining mit Logopäde notwendig.

Aber was genau löst diese Schluckstörungen aus? Sehr häufig ist es eine Störung im neurologischen Ablauf oder ein Fehlverhalten der Muskulatur, welches den Schluckvorgang fehlerhaft ausführt.

Dies kann von der Koordination selbst, einem fehlerhaften Verschluss des Epiglottis oder auch einen Fehler im Weitertransport bedeuten. Vor allem Fehler im Verschluss des Epiglottis und im Weitertransport führen zu einer sehr hohen Aspirationsgefahr mit anschließender Lungenentzündung.

Eine motorische Therapie kann in vielen Fällen Abhilfe schaffen und die Koordination neu erlernen. Wichtig ist, dass die Gabe über den Mund nicht eingestellt wird (Außer Stufe 1), da sonst die Muskulatur das Schlucken weiter verlernen kann. Der Patient sollte aufrecht sitzen und die Kost entsprechend vorbereitet, Nahrung in mundgerechter Größe und Flüssigkeiten andicken. Lassen Sie den Patienten nicht allein, da bei einer Aspiration geholfen werden muss. Nehmen Sie sich für diese Patienten mehr Zeit als üblich und lassen ihm die Möglichkeit, die Geschwindigkeit selbst zu bestimmen. Bei Apoplex Patienten ist eine entsprechende therapeutische Ausrichtung in Absprache mit dem Logopäden sinnvoll.

Autor: Tim Reinhold

Literatur:

  • Malandraki, G., & Robbins, J. (2013). Chapter 21 Dysphagia. In M.P. Barnes & D.C. Good (Eds.), Neurological Rehabilitation (pp.255-271). Newnes: Elsevier Inc.

Was ist das Todesrasseln? Eine kurze Erklärung.

Wenn man die Augen schließt und das Todesrasseln der Atmung hört, möchte das Blut in den Adern gefrieren. Wie in einem schlechten Horrorfilm, der sich nun live abspielt und an die Geräusche eines Ertrinkenden erinnert. In Angehörigen und auch Pflegekräften werden tief liegende Ängste mobilisiert. Die Angst zu ersticken, zu ertrinken, jämmerlich nach Luft schnappen zu müssen, ohne, welche zu bekommen.

Bei einer Befragung aus dem Jahre 2005 gaben 318 von 587 Pflegekräfte an, das Todesrasseln als am psychisch Belastenden zu empfinden. Und jeder, der es schon mal gehört hat, kann nachempfinden, was gemeint ist.

Der biologische Prozess, welcher dahintersteckt, ist nicht sehr komplex. Das Rasseln tritt typischerweise bei 80 Prozent der Versterbenden auf und hat durchschnittlich einen Zeitraum von 48 bis 72 Stunden vor Eintritt des Todes. Zu diesem Zeitpunkt ist der Patient auch nicht mehr erweckbar und ist häufig schon in der Cheyne-Stokes-Atmung (Atemmuster).

Das Gehirn hat schon viele Funktionen heruntergefahren und eine erste Minderversorgung findet statt. Im Normalfall husten wir Bronchialschleim sowie Sekret und Flüssigkeit der mukoziliären Clearance (Reinigungsmechanismus der Bronchien) mehrmals täglich in den Mund und Rachenraum und schlucken diesen unbewusst einfach runter. Mit Herunterfahren der Körperfunktion und dem Übergang in einen nicht erweckbaren Zustand wird auch dieser Hustenreiz herunterreguliert. Es kommt zur Bildung kleiner Flüssigkeitsseen im oberen Bronchialbereich und je nach Lage im Ösophagus. Wenn die Atmung nun über diese Flüssigkeiten weht, kommt es zur Schwingungsbildung, welches dieses Geräusch erzeugt. Bei einigen Menschen kann das Schwingen auch Schaum erzeugen.

Todesrasseln ist für die Psyche, der Beisitzenden, ein Kraftakt.

Das erzeugte Geräusch ist für alle Beteiligten sehr unschön und kann je nach Dauer die Psyche der Angehörigen angreifen. Das Rasselgeräusch hat dabei selbst keinerlei Einfluss auf den Sterbenden an sich. Sie können dies sogar feststellen, indem sie einfach mal den Puls fühlen. Ein Mensch mit Atemnot hat typischerweise Pulse über 120 und höher. Der Puls sollte normwertig sein, kann bei Exsikkose aber auch leicht erhöht sein bis 100, beachten Sie den Turgor der Haut, um eine Differenz zu erkennen.

Auch wenn das Rasseln keinen Einfluss auf den Menschen hat, müssen die Angehörigen umsorgt werden, für sie kann diese Belastung ins Unerträgliche gipfeln. Es gibt die Möglichkeit, das Rasseln zu reduzieren für einen kurzen Zeitraum, dies ist aber nur für die Psyche der umstehenden und zeitlich stark limitiert.

In Betracht kommen Scopolamin als transdermale Pflaster, Wirkeintritt erst nach 12 Stunden, Buscopan als Zäpfchen oder Injektion sowie Atropin als Injektion oder Augentropfen (Augentropfen in die Wangentasche träufeln).

Das Absaugen im Mund- und Rachenraum sollte nach Möglichkeit vermieden werden, da es den Würgereflex noch triggern kann und zum Erbrechen und Inspiration eventuell führt. Es erzeugt vor allem auch Stress beim Sterbenden, den wir nach allen Mitteln vermeiden wollen. Auch Salbeitee bei der Mundpflege kann übermäßigen Speichelfluss reduzieren.

In diesem Moment steht nicht mehr der Patient im primären Vordergrund, die Abläufe, die nun kommen, sind im Gehirn programmiert und wir kümmern uns verhältnismäßig nur um Kleinigkeiten. Die Angehörigen müssen dafür stark mitbetreut werden, achten Sie auch hier auf ausreichend Flüssigkeitsaufnahme und das zwischendurch, was gegessen wird. Es kommt immer wieder vor, dass nach dem Versterben des Patienten die Angehörigen zusammenklappen aufgrund des Stresses und Mangelversorgung.

Autor: Tim Reinhold

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Quellen:
https://flexikon.doccheck.com/de/Terminale_Rasselatmung
https://register.awmf.org/assets/guidelines/128-001OLl_S3_Palliativmedizin_2020-09_02.pdf